Im kleinen Horrorgarten leben Bienen mit Diabetes, bekommen Tomaten einen Sonnenbrand und leiden Kartoffeln an Klaustrophobie. Der Garten ist krank und die Natur am Sterben. Heutzutage besteht schon Grund zur Freude, wenn mal keine neuartigen Zecken vom Mars auf der Wiese lauern, sondern sich nur Fliegen auf dem Grünkohl langweilen.
Wir, die Menschen, haben es ordentlich verbockt. Man könnte meinen, wir hätten alles falsch gemacht. Wir wollten die unzähmbare Natur in unser Wunschkorsett stecken und sehen jetzt, dass die Dame keine Luft bekommt.
Dass nicht nur dem Rollrasen schwindelig wird, wenn wir wieder mit der Giftspritze herumdoktern, ist kein Wunder. Wir sind Blinde am OP-Tisch und haben keine Ahnung, was und wen wir alles mit unserer Chemikeule verprügeln. Nicht einmal der Umstand, dass die so genannten Pflanzenschutzmittel in fast jedem Bier nachgewiesen wurden, lässt uns unsere Reinheitsgebote überdenken. Wer kann uns überhaupt noch helfen?
Fragen wir doch den Pflanzenschutzexperten im Baumarkt nebenan.
Denn der Fußweg vor dem Haus muss frei von Unkraut sein. Koste es, was es wolle. Wie sähe das denn sonst aus?! Furchtbar. Überall dieses lästige Grünzeug, das unablässig versucht sich in den Fugen breit zu machen. Und denken Sie etwa, ich setze mich hin und kratze jede Wurzel einzeln heraus? Nein. Zum Glück gibt es für jedes Problem ein Produkt, eine technische Lösung. Und wenn diese vermeintlichen Lösungen im Nebeneffekt dazu führen, dass unsere Ökosysteme krachen gehen und Pflanzen und Insekten krank sind, dann gibt es bald ein neues Produkt, das die Probleme in den Griff bekommt. Und so weiter und so fort.
Wirtschafts- und Pflanzenwachstum sind wie die Geschwister, die sich ums Erbe streiten. Wir sollten sie schleunigst miteinander versöhnen, denn sie liegen bald todsterbenskrank im Bett.
Theodor Jähkel
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