Auf älteren Stadtplänen taucht der Begriff „Schmuckplatz“ häufig auf: solche kleinen Grünanlagen wurden vor allem bei gründerzeitlichen Stadterweiterungen angelegt. Zu klein, um Funktionen eines Parks zu erfüllen, und auch für Märkte oder den Aufenthalt größerer Menschenansammlungen waren sie nicht gedacht. Dafür sollten sie die oft monoton wirkenden Straßenzüge der rasant wachsenden Städte gliedern. Viele Schmuckplätze sollten eher dem Betrachten als dem Aufenthalt dienen, und bis weit in die 1980er Jahre fanden sich auf den Grünflächen häufig Schilder mit der Aufschrift „Rasen betreten (strengstens) verboten!“
Auch im Leipziger Westen gibt es eine ganze Reihe von Schmuckplätzen. In den diesjährigen Ortsblatt-Ausgaben stellen wir einige von ihnen vor.
Der Gellertplatz liegt zwischen Uhland-, Wieland- und Diakonissenstraße in Altlindenau. Die 1.290 qm große Fläche wurde in den 1880er Jahren angelegt. Damit existierte der Platz schon einige Jahre in einem noch gänzlich unbebauten Umfeld, denn die ihn umgebenden Mietshäuser und die nordöstlich angrenzende XXIII. Bezirksschule wurden erst zwischen 1890 und Anfang der 1900er Jahre errichtet. Geprägt wird der Platz bis heute durch 25 Rosskastanien. Sie wurden im Jahr 1920 gepflanzt und rahmen die Platzinnenfläche ein- bzw. zweireihig ein.
Seit Anlage des Platzes haben sich die Ansprüche der Bevölkerung an die Nutzung solcher öffentlicher Räume gewandelt, und es ist Konsens, dass gut gestaltete Schmuckplätze auch bei kleiner Fläche viel für die Erholung, das Sozialleben und das Mikroklima im Stadtteil leisten können.
Im Jahr 2006 wurde daher die denkmalgeschützte, aber in die Jahre gekommene Anlage saniert und sogar vergrößert. Es gelang, einen vorher vorhandenen Straßenabschnitt zwischen Platz und Schulgelände zu entwidmen und die somit gewonnenen 460 qm der Platzfläche zuzuschlagen.
Beibehalten wurde der ruhige Charakter des Gellertplatzes, der mit zahlreichen Sitzgelegenheiten und Staudenbepflanzung zur Erholung einlädt. Der neu hinzugekommene östliche Bereich wurde besonders für jüngere Besucher*innen gestaltet, die unter anderem eine Kletterwand und Tischtennisplatten gern für Spiel und Sport nutzen. Die Neuplanung war ein Gemeinschaftsprojekt des Grünflächenamtes und des Amtes für Stadterneuerung und Wohnungsbauförderung und wurde über das EU-Förderprogramm Urban II finanziert. 2007 wurde der Platz im Rahmen des sächsischen Wettbewerbs „Gärten in der Stadt“ für seine ideenreiche und bürgerfreundliche Gestaltung mit einem 1. Preis ausgezeichnet.
Seinen Namen trägt der Gellertplatz übrigens schon seit 1887. Namensgeber war der Philosophieprofessor und Dichter Christian Fürchtegott Gellert (1715-1769), von dem auch die in den Platzboden eingravierten Zitate stammen: „Ein Ding mag noch so närrisch sein, es sei nur neu, so nimmt’s den Pöbel ein.“, „Gib mir ein Herz voll Zuversicht …“ und „Die Natur lässt sich nicht zwingen.“
Der Gellertplatz im Herbst
Foto: Heiko Müller