Schwarzwaldmädel – der erste Nachkriegsfarbfilm
„Schwarzwaldmädel“ der erste westdeutsche Nachkriegsfarbfilm (1950) und zugleich Impulsgeber für eine Serie triefender Heimatschnulzen.
Azurblauer Himmel, Eisrevue-Szenen, ein farbenfrohes Trachtenfest, die Dorfkirche gespickt mit Chorknaben, singende, herzige Vagabunden – alles, was die deutsche Traumfabrik 1950 zu bieten hat, ist im Auftrag der Berolina-Film belichtet worden. Ein wirtschaftswunderliches, rotes Cabrio aus Kölner Landen ist zu sehen, und dazu Darsteller wie geschaffen für die üppige Mischung aus ländlicher Idylle und mondänem Großstadtflair. Der Österreicher Rudolf Prack (45) gibt den jugendlichen Liebhaber und als Partnerin tritt Sonja Ziemann auf. Der kometenhaft aufgestiegene Jungstar bezaubert – wie einige Filmkritiker schrieben– auch in der „unechtesten ländlichen Verkleidung.”
Der Film trägt den Titel Schwarzwaldmädel und ist der erste westdeutsche Nachkriegsfilm in Farbe, beruhend auf einer Operette von Jessel und Neithard. Die Schnulze passt in die Stimmung jener Tage, in denen Harmoniesucht und wirtschaftliche Aufbruchstimmung herrscht, obwohl sich der Ost-West-Konflikt verschärft, im fernen Korea Schlachten toben und die Wiederbewaffnung Westdeutschlands auf der Tagesordnung steht. Davon wollen die Menschen aber nichts mehr hören oder sehen. Die meisten sind nach den bitteren Tagen des Zweiten Weltkrieges auf der Suche nach einer heilen Welt. Die kitschige Romantik des Films gibt den Anstoß für jene Schnulzenwelle, die in den fünfziger Jahren die Kinos der Bundesrepublik überschwemmen wird und die so genannten Trümmerfilme rigoros wegwischt.
Das intensiv beworbene „Großereignis” ist operettenähnlich wie der Film aufgezogen und voller Seelenschmalz. Im Turmpalast wird ein Postamt im Stil eines Schwarzwaldhauses eingerichtet, dort können sich Besucher den ersten „Film-Sonderstempel in der Geschichte der Deutschen Bundespost” auf Briefe und Postkarten drücken lassen, ein Angebot, das sich kaum jemand entgegen lässt.
Knisternde Spannung, nachdem das Licht im Saal ausgeschaltet ist. Regisseur Hans Deppe erzählt dem erwartungsvollen Publikum die Geschichte des Malers Hans Hauser (Rudolf Prack), der auf einem Maskenball die als Schwarzwaldmädel auftretende Sekretärin Bärbel (Sonja Ziemann) kennenlernt und nach zahlreichen Irrungen am Ende mit ihr zusammenkommt. Wer hätte das gedacht? Ende gut, alles gut und begeisterte applaudierende Zuschauer. Schwarzwaldmädel – ein Stück deutscher Film- und Kinogeschichte…
Bereits vier Jahre vor der Filmpremiere im September 1950 war die Ziemann für den Zirkus- und Varietéfilm Allez Hopp der DEFA aktiv. Die Dreharbeiten wurden jedoch aufgrund erheblicher handwerklicher Mängel gestoppt und das Material vernichtet.
Am 22. Dezember 1950 erlebte die ostdeutsche Operettenverfilmung Die lustigen Weiber von Windsor ebenfalls unter dem Signet der DEFA und erneut mit Sonja Ziemann im Leipziger Kino „Capitol“ seine Premiere. In der Bundesrepublik erschien der Film erstmals im Oktober 1958.
Text | Foto: Jens Rübner