Leipzig war über Jahrhunderte eine Stadt der Mode und Textilindustrie. Baumwollspinnerei, Buntgarnwerke & Co zeugen noch heute vom Aufstieg und Fall dieses Industriezweiges im Leipziger Westen. Das Netzwerk Fair Fashion Lab möchte dessen Erbe modern, nachhaltig und fair wiederbeleben. Die Händlerinnen, Designerinnen und Modeinteressierten setzen sich aktiv für einen Bewusstseinswandel in der Modeindustrie ein. „Wir sehen die Zukunft der Mode in nachhaltig, ökologisch und fair produzierter Kleidung, sind aber auch der Meinung, dass unser Konsumverhalten sich ändern muss. Hin zum Leihen, Tauschen und Kauf von hochwertiger und lang haltender Kleidung oder hin zu Second Hand oder Upcycling Mode.“
Einer von ihnen ist Johannes Schramm, der mit seinem Modegeschäft „again“ in der Merseburger Straße 105 neue Wege ausprobiert. „Mieten, lieben und lange Zeit mit Freude tragen“ ist sein Motto. Denn in seinem „conceptstore“ wird fair und ökologisch produzierte Damen- und Herrenmode nicht nur verkauft, sondern auch vermietet. Für 20% des Kaufpreises kann man 30 Tage lang testen, ob Pulli, Hose oder Rock zum Lieblingsstück taugt. Wer sich zum Kauf entscheidet, bekommt den Mietpreis angerechnet. Man kann aber das Kleid für den besonderen Anlass oder das Jackett für ein Bewerbungsgespräch auch guten Gewissens zurückgeben. Die getragenen Kleider werden gereinigt und preisreduziert wieder angeboten. Johannes Schramm steht beispielhaft für die wachsende Zahl von Händlerinnen und kleinen Produzentinnen im Leipziger Westen, die sensibilisieren und zum Nachdenken anregen möchten: Welches Stück brauche ich wirklich? Wo kaufe ich Mode? Was sind mir faire Arbeitsbedingungen und ökologische Standards wert? Wer kann mich informieren?
Nachhaltiger Konsum im Alltag beschränkt sich meist auf Bio-Lebensmittel und alternative Mobilität. Dass die weltweit verzweigten Produktionsketten der Modeindustrie die zweitgrößten Verursacher von Umweltzerstörung, Ressourcenverschwendung und Verletzung von Menschenrechten sind, ist kaum bekannt. Textilproduktion ist ein hochkomplexer Prozess, zudem oft mit langen Wegen quer über den Globus verbunden. Vom Anbau der Pflanze über die Herstellung des Materials bis zum fertigen Kleidungsstück im Laden. In jedem Schritt stecken natürliche Ressourcen, Energie und Arbeitskraft. So werden beispielsweise bei der Herstellung eines T-Shirts etwa 2.300 Liter Wasser verbraucht oder bei der Produktion einer Jeans 23 Kilogramm CO2 ausgestoßen.
Slow Fashion heißt die Gegenbewegung, die sich für mehr Wertschätzung von Kleidung, bessere Herstellungsbedingungen und bewussteren Konsum einsetzt. Im Leipziger Westen reicht das Slow Fashion Angebot von hochwertiger Mode über Second-Hand-Läden und Upcycling-Design bis zur Kleider-Tausch-Party. Wer nur Lieblingsstücke im Schrank hat, sie mal tauscht oder aus zweiter Hand erwirbt, trägt schon zu einem nachhaltigeren Konsum bei. Siegel und Zertifikate helfen dabei, sich zu orientieren. Und dann geht eben nichts über eine gute Beratung im Modegeschäft um die Ecke.
Erste Faire Mode Woche Leipzig: Die Lindenauer Galerie Vino Vino wird zum Showroom.
Foto: Fashion Lab Leipzig