Vor 120 Jahren, am 1. Mai 1899, endete die erste deutsche Tiefsee-Expedition unter Leitung des Leipziger Zoologen Carl Chun (1852-1914) mit großem Erfolg. Erst im Jahr zuvor hatte Chun die Zoologie-Professur an der Universität Leipzig übernommen.
Am 31. Juli 1898 stach das Forschungsschiff „Valdivia“ von Hamburg aus in See, fuhr über 32 000 Seemeilen durch den Atlantischen und Indischen Ozean, um biologische Proben in der Tiefsee zu sammeln. Noch bis ins 19. Jahrhundert verneinten Wissenschaftler, dass es dort überhaupt Leben geben könnte, bis andere Staaten, vor allem England, Expeditionen zur Erforschung der Tiefsee starteten. Nun zog Deutschland auf diesem wissenschaftlichen Gebiet nach.
Mit einem von Chun konstruierten Schließnetz „fischte“ die Crew der „Valdivia“ in Wassertiefen bis zu 6000 Metern. Bei diesen Fangzügen kamen bisher nie gesehene Lebewesen ans Licht: Glasschwämme, Weich- und Nesseltiere, Stachelhäuter und andere bizarre Wesen wie der Bucklige Anglerfisch, Fische mit Teleskopaugen, Kopffüßer in Vampirgestalt. In den Laboren, großen Glasbehältern und Aquarien an Bord wurden die Funde gesichtet und konserviert.
Nachdem die „Valdivia“ Kapstadt erreicht hatte, fuhr sie weiter bis in die Gewässer der Antarktis. Die Rückfahrt führte durch den Indischen Ozean, entlang der afrikanischen Ostküste und durch den Suezkanal.
Als die Expedition nach neun Monaten abenteuerlicher Reise endete, brachten die Wissenschaftler eine riesige Forschungsausbeute mit nach Hause – so umfangreich, dass die Auswertung der Ergebnisse vierzig Jahre dauerte und 24 Bände füllte.
Carl Chun veröffentlichte bereits 1900 sein populäres Reisewerk „Aus den Tiefen des Weltmeeres“, in dem er darlegte, dass auch die Organismen der Tiefsee Darwins Theorie der Veränderlichkeit der Arten bestätigen. Anschaulich beschrieb er den Reiz der geborgenen Tiere und offenbarte dabei seinen ausgeprägten Sinn für die Schönheit der Natur.
1907/08 war Chun Rektor der Universität Leipzig. Da er bereits 1914 starb, konnte er die Auswertung der Expedition nur teilweise begleiten.
Einige der sehr wertvollen Tiefsee-Exponate, die bislang noch im Fundus des Naturkundemuseums schlummern, sollen künftig nun ans Licht geholt und als Teil der Wissenschaftsgeschichte Leipzigs den Museumsbesuchern dauerhaft gezeigt werden.
Text: Dagmar Schäfer
Abb.: Archiv der Autorin
Forschungsschiff Valdivia