Zum 125. Geburtstag des Dichters, Schriftstellers und Journalisten
Zugegeben – Dresden, Berlin und München sind gewichtigere Kästner-Städte als Leipzig. Doch verstecken muss sich die Messe-, Universitäts- und Buchstadt als wesentliche Station in Kästners Biografie keinesfalls, immerhin lebte der Publizist hier von 1919 bis 1927. Diese Jahre prägten den noch jungen Kästner: Er lernte scharf zu beobachten und zu denken und entwickelte seinen ganz eigenen Schreibstil – intellektuell und populär zugleich, spöttisch und gnadenlos treffsicher.
Der vor 125 Jahren am 23. Februar 1899 in Dresden geborene Erich Kästner kam nach Leipzig, um hier Germanistik, Geschichte, Philosophie, Zeitungskunde und Theaterwissenschaften an der Universität zu studieren. Möglich wurde dies für den jungen Mann aus einfachen Verhältnissen durch ein Stipendium für sein mit Auszeichnung abgeschlossenes Abitur. Doch die Inflation ließ die Zuwendung schnell dahinschmelzen, und Kästner musste sich mit Nebentätigkeiten über Wasser halten: Er verkaufte Parfüm, sammelte Börsenkurse für einen Buchmacher – und begann zu publizieren. Als Journalist und Theaterkritiker schrieb er für das Feuilleton der „Neuen Leipziger Zeitung“, die Zeitschrift „Der Drache“ und die in Berlin erscheinende „Weltbühne“.
Sein Studium schloss er 1925 mit der Promotion zum Dr. phil. ab. Obwohl ihm auch eine akademische Laufbahn offen gestanden hätte, entschied er sich für das Schreiben – und seine „Versfabrik“ kam nun richtig in Schwung. Aber seine kritischen Töne behagten nicht allen. Das erotische Gedicht „Nachtgesang des Kammervirtuosen“, illustriert von seinem Freund Erich Ohser, diente als Anlass für die Entlassung Kästners als Redakteur.
Kästner verließ Leipzig und ging nach Berlin. Dort schätzte man ihn und sein Talent. Bert Brecht und Kurt Tucholsky waren nun seine Kollegen. 1928 veröffentlichte Kästner mit „Herz auf Taille“ sein erstes Buch mit Gedichten aus der Leipziger Zeit. Im Jahr darauf erschien das Kinderbuch „Emil und die Detektive“, von dem in Deutschland über zwei Millionen Exemplare verkauft wurden. Es folgten „Pünktchen und Anton“, „Das fliegende Klassenzimmer“ sowie der Roman „Fabian“.
Doch die Weimarer Republik ging ihrem Ende entgegen, und im Mai 1933 verbrannten die Nazis auch Kästners Bücher. Der Dichter verfolgte inkognito das grausige Schauspiel; die kommenden Jahre verbrachte er in innerer Emigration in Deutschland. Nach Kriegsende konnte er wieder frei publizieren. Erich Kästner starb am 29. Juli 1974 in München.
PS: In der Erfurter Straße 9 befindet sich die Erich-Kästner-Schule. Hier haben Schüler gemeinsam mit dem Leipziger Graffitiverein ein 20 Meter langes Graffito gestaltet, auch mit dem Porträt ihres Namensgebers – s. OB 06/2023.
Czermaks Garten 7 – hier wohnte Kästner als Student.
Text | Foto: Dagmar Schäfer