Fragen an Wolfgang Leyn, Mitbegründer des Arbeitskreises Gohliser Geschichte

Der Arbeitskreis Gohliser Geschichte hat im Infozentrum Georg-Schumann-Straße 126 ein Domizil gefunden. Dort laden die Mitglieder auch zu Vorträgen, Lesungen und Gesprächen ein. Zudem hat dort die Dauerausstellung zu dem Leipziger Architekten Paul Möbius (1866-1907) eine Heimstatt gefunden.

Herr Leyn, Sie haben den Arbeitskreis vor über drei Jahren mitbegründet. Wer gehört noch dazu?
Wir sind zurzeit acht historisch interessierte Leipziger, fast alle mit Lebensmittelpunkt in Gohlis. Seit 2021 erforschen wir als Teil des Leipziger Geschichtsvereins die Entwicklung des einstigen Dorfes und heutigen Stadtteils. Wir bieten Ausstellungen, Publikationen und Bürgerspaziergänge an, arbeiten aber auch stadtteilübergreifend, Möbius-Häuser gibt es ja in ganz Leipzig.

Warum wurde gerade Paul Möbius eine Dauerausstellung gewidmet?
Paul Möbius war wohl der bedeutendste, auf jeden Fall der eigenwilligste Jugendstilarchitekt unserer Stadt. Der hochbegabte Autodidakt entwarf hier rund 30 Wohn- und Geschäftshäuser, Villen sowie Grabmale. In Gohlis gibt es fünf Möbius-Häuser, weitere zwei wurden im Zweiten  Weltkrieg zerstört. Seine kraft- und schwungvoll gestalteten Fassaden versah der Architekt gern mit Rund-Erkern, mächtigen Traufkehlen und einem repräsentativen Mansardenfenster. Typisch für Möbius‘ Formensprache sind klare Strukturen.

Der Raum war doch schon zuvor Anlaufpunkt für viele Gohliser?
Ja, dieser Raum, ein früheres Ladenlokal, war von 2011 bis Ende 2022 Sitz des Magistralenmanagements. Mit Stefan Grandke vom damaligen Team waren wir uns einig, dass der Veranstaltungsraum nach Abschluss des Projekts weiter für die Öffentlichkeit zugänglich sein sollte. Ende 2022 haben wir dort unsere Ausstellung über Leipzigs historische Handschwengelpumpen gezeigt, die seitdem durch die Stadt wandert. Inzwischen wird das Infozentrum vom Verein Kulturkosmos Leipzig betrieben.

Die Bild-Text-Tafeln wurden von Mitgliedern des Arbeitskreises ehrenamtlich entwickelt. Was treibt Sie an?
Die Liebe zu unserer Stadt und das Interesse an der Geschichte, und die Freude am Entdecken. Über Leben und Werk von Paul Möbius wusste ich bis zu unserer intensiven Beschäftigung mit ihm so gut wie nichts. Der Raum in der Georg-Schumann-Straße 126 befindet sich in einem Doppelwohnhaus, das zu den Hauptwerken von Paul Möbius zählt. Die Chance, eine Exposition am historischen Ort einzurichten, hat man nicht oft, das war ein Glücksfall. Gemeinsam mit dem Denkmalpfleger Dr. Stefan W. Krieg-von Hößlin haben wir die Ausstellung für diesen Raum mit seinen schönen Jugendstiltreppen konzipiert.

Woher stammen die Bilder der Ausstellung?
Historische Fotos und Baupläne verdanken wir vor allem dem Stadtgeschichtlichen Museum, dem Stadtarchiv und dem Bauaktenarchiv der Stadt Leipzig. Die eine Hälfte der aktuellen Bilder fotografierte Dr. Krieg-von Hößlin, die andere Hälfte stammt von dem passionierten Architekturfotografen Alexander Eichner. Ohne seine Fotos wären die Ausstellung und die Begleitbroschüre nicht das, was sie sind.

Kommen die Besucher nur aus Gohlis?
Nein, die kommen aus ganz Leipzig. Im ersten Jahr waren es weit über tausend. Mittlerweile haben wir für unsere Angebote rund um Architektur, Denkmalpflege und Jugendstil ein Stammpublikum gewonnen, weit über Gohlis hinaus.

Was ist für 2025 geplant?
Unsere Ausstellung über die künstlerisch gestalteten gusseisernen Wasserpumpen, die unsere Stadt seit 1860 zieren, wandert weiter und wird voraussichtlich im Frühjahr in Schönefeld zu sehen sein. Im Februar organisieren wir gemeinsam mit dem Freundeskreis des Grassimuseums eine Exkursion nach Chemnitz zur Ausstellung „Reform of Life & Henry van de Velde mittendrin“. Im März sind wir bei „Leipzig liest“ dabei, und ein neues Großprojekt ist bereits in Arbeit – die Gohliser Gaststättengeschichte.

Öffnungszeiten: Mi und Do von 12-18 Uhr

Wolfgang Leyn vor Wendeltreppe im Möbius-Haus.
Interview / Foto: Marianne H.-Stars