Ein Markt für Pferde: der Roßplatz

Es muss einst eine imposante Vorstellung für die Messebesucher gewesen sein, wenn die zum Verkauf bestimmten Pferde jeweils am Nachmittag des ersten Messsonntags durch die Peters- und Grimmaische Straße und dann unter Salut der Wache durch das Grimmaische Tor wieder zurück zum Roßplatz geführt wurden. Erst nach dieser Vorführung durfte der Pferdehandel beginnen, der in der Zeit Augusts des Starken bereits Bedeutung weit über die Region hinaus erlangt hatte. Auch der Kurfürst erwarb hier Pferde für seinen Stall.
Die Anfänge des Leipziger Rossmarktes gehen auf das Jahr 1625 zurück. Damals, vor 400 Jahren, erteilte der sächsische Kurfürst Johann Georg I. der Stadt das Privileg, zweimal jährlich einen Pferdemarkt abzuhalten. Gewählt dafür wurde jener freie Platz, der sich vom Peterstor bis zur Moritzbastei erstreckte; abgehalten wurde der Markt zeitgleich mit der Oster- und Michaelismesse. Bis Ende des 17. Jahrhunderts entstanden angrenzend an den Roßplatz erste Bebauungen, zunächst der Bosesche Barockgarten des Handels- und Ratsherrn Caspar Bose, Häuser an der Südseite des Rossmarktes sowie Ausspannen und Gasthöfe, darunter der 1709 errichtete „Kurprinz“.
Im 19. Jahrhundert kamen weitere repräsentative Bauten hinzu: das „Café Bauer“ mit Reithalle und Pferdeställen, das „Panorama“ mit Dioramen und Restaurant sowie angrenzend die 1891 nach Plänen von Hugo Licht erbaute Städtische Markthalle. Nördlich des Platzes hatte 1857 der preußische Gartenkünstler Peter Joseph Lenné eine Parkanlage im englischen Stil geschaffen, auch Schillerpark genannt.
Der Roßplatz war ebenso Zeuge politischer Auseinandersetzungen. Am 12. August 1845 fand hier das sogenannte „Leipziger Gemetzel“ statt, als Bürgerinnen und Bürger gegen den im „Hotel de Prusse“ logierenden Kronprinzen Johann von Sachsen protestierten. Acht Menschen wurden vom Militär erschossen.
Beim Bombenangriff vom 4. Dezember 1943 versank die Bebauung des Roßplatzes in Schutt und Asche. 1953 bis 1955 entstand im östlichen Teil des Platzes die Ringbebauung mit dem Ring-Café und einer großzügig gestalteten Grünanlage. 1969 kamen Brunnen mit Fontänen hinzu, 2012 wurde die gesamte Anlage originalgetreu erneuert. Die Teilfläche mit dem 1906 eingeweihten Mägdebrunnen wurde im vergangenen Jahr in Hinrich-Lehmann-Grube-Platz umbenannt. Geschaffen hat den Brunnen mit der lebensgroßen Bronzefigur einer Wasserträgerin der Bildhauer Werner Stein. Zu den Werken des Künstlers in Leipzig zählen auch das Mendelssohn-Bartholdy-Denkmal vor dem Gewandhaus, das 1936 von den Nationalsozialisten entfernt wurde, sowie das Grassi-Grabmal auf dem Alten Johannisfriedhof.

Ringbebauung am Roßplatz
Text/Fotos: Dagmar Schäfer