Seit 2008 veranstaltet der Jugend- und Altenhilfeverein e.V. in Zusammenarbeit mit der Wohnungsbau-Genossenschaft Kontakt e.G. jährlich das Paunsdorfer Stadtteilfest. Nach der coronabedingten Veranstaltungspause sollte das Paunsdorfer Stadtteilfest in diesem Jahr nun endlich am 9. und 10. Juni 2023 wieder stattfinden. Aufgrund unverhältnismäßig hoher Auflagen seitens der Unteren Naturschutzbehörde der Stadt Leipzig haben sich die Organisatoren nun schweren Herzens dazu entschieden, das für diesen Sommer geplante Paunsdorfer Stadtteilfest abzusagen.
Seit Jahresbeginn hat das Orga-Team mit großer Vorfreude die Planungen wieder aufgenommen und bereits ein vielversprechendes Bühnenprogramm mit Künstlern, wie u.a. Schlagerlegende Regina Thoss, Udo Lindenberg-Double Torsten Exler, der Partyband „Live!Style“ und dem feierwütigen DJ- Team „Die Plattenpussys“ vorbereitet. Neben diesen Acts hätten sich gerne auch wieder zahlreiche Vereine, wie z.B. die Musiker des Blasorchesters JugendBrass e.V. sowie die Tanzgruppen vom Tanz- und Sportverein „Gesund durch Bewegung“ e.V. vom Tanzstudio T.A.B.U. sowie der L.E. Dance Factory auf der Bühne präsentiert.
Inmitten der Planungen teilte das Leipziger Amt für Stadtgrün und Gewässer dem Jugend- und Altenhilfeverein e.V. Anfang April völlig unerwartet mit, dass die Durchführung des Stadtteilfestes am bisherigen Veranstaltungsort nicht möglich sei. Als Begründung teilte die Stadt mit, dass die Veranstaltungsfläche am Bürgerpark Grüner Bogen innerhalb des Landschaftsschutzgebietes Paunsdorfer Wäldchen-Heiterblick liegt und die Veranstaltung in das bedeutende Brutgebiet des Beweidungsgeländes hineinwirkt und somit zu erheblichen Störungen der Natur führen kann.
Vor dem Hintergrund, dass das Paunsdorfer Stadtteilfest bereits seit 2017 entlang der Promenade und Aussichtsterrasse des Bürgerparks Grüner Bogen veranstaltet wird und selbst das Grünflächenamt sich in den vergangenen Jahren mit einem Stand zum Thema „Soziale Stadt Paunsdorf“ präsentiert hat, war die Verwunderung über die Absage groß.
Die Stadt Leipzig teilte daraufhin mit, dass davon auszugehen ist, dass die bisherigen Veranstaltungen nur möglich waren, weil die Einbeziehung der Unteren Naturschutzbehörde seitens der Stadt Leipzig ausblieb. Die Folgen dieses kommunalen Versäumnisses soll nun jedoch ein gemeinnütziger Verein tragen, welcher seit über 30 Jahren im Quartier mit generationsübergreifenden Bildungs-, Kultur-, Sport- und Kreativangeboten den gegenseitigen Austausch der Stadtteilbewohner fördert und mit konkreten Hilfs-, Beratungs- und Unterstützungsangeboten einen wesentlichen Beitrag zur Sozial- und Integrationsarbeit im Stadtteil leistet.
Da gemäß § 5 der LSG-VO die Durchführung von Veranstaltungen der Erlaubnis der Unteren Naturschutzbehörde bedarf, hat das Orga-Team des Jugend- und Altenhilfevereins und der Wohnungsbau-Genossenschaft Kontakt e.G. in umfangreichen Abstimmungen und einer gemeinsamen Vor-Ort-Begehung mit der Naturschutzbehörde versucht, für die Durchführung des Paunsdorfer Stadtteilfestes eine Erlaubnis gemäß der Schutzgebietsverordnung des Landschaftsschutzgebietes zu erwirken. Im Ergebnis dessen erteilte die Untere Naturschutzbehörde im Mai die Erlaubnis zur Durchführung nur bei Erfüllung von Auflagen zum Schutz der angrenzenden Biotope und der dort möglichen Tiere. Hierzu soll der Veranstalter zwei Wochen vor dem Paunsdorfer Stadtteilfest durch einen Naturschutzgutachter den Landschaftsschutzgebiet-Umkreis von 100 Metern zur Bühne auf Fortpflanzungsstätten besonders geschützter Tiere, besonders europäischer Vogelarten bis zur Nachweiskategorie B überprüfen lassen und Maßnahmen zur Minimierung der Störung, wie die Reduzierung der Lärmwerte auf maximal 75 Dezibel, kurzfristig mit den Behörden abstimmen.
Nach Ansicht der Veranstalter sind die Auflagen der Unteren Naturschutzbehörde nicht umsetzbar. Zum einen ist die kurzfristige Beauftragung eines Naturschutzgutachters innerhalb der Brutzeit nicht mehr möglich und zum anderen liegen die Kosten für ein Artenschutz-Gutachten im vierstelligen Bereich.
Leider findet der Umstand, dass der Jugend- und Altenhilfeverein e.V. ein gemeinnütziger Verein ist, welcher seit vielen Jahren mithilfe von Förder- und Sponsorengeldern sowie Standgebühren das Paunsdorfer Stadtteilfest finanziert, seitens der unteren Naturschutzbehörde keine Berücksichtigung. Darüber hinaus ist bei dem vorgegebenen Schallpegel von 75 Dezibel ein gewohnter Veranstaltungsbetrieb mit Bühnenprogramm nicht möglich. In diversen Online-Quellen werden für typische Vergleichslautstärken von 75 Dezibel die Geräuschkulisse von einem Großraumbüro oder einer Kantine sowie das Schleudern einer Waschmaschine aufgeführt.
Darüber hinaus befinden sich vergleichbare öffentliche Bereiche, wie z. B. die gesamte Anlage des Clara-Zetkin-Park ebenfalls im Landschaftsschutzgebiet und werden seit vielen Jahren traditionell für Konzerte auf der Parkbühne sowie beliebte Veranstaltungen wie zum Beispiel die Ökofete, das Leipziger Wasserfest, das Wave-Gothic-Treffen und den Frauenlauf in Anspruch genommen. Laut dem Dezernat für Umwelt, Ordnung und Sport der Stadt Leipzig ist im Zuge einer Sonderfallprüfung nach der Freizeitlärm-Richtlinie durch das genehmigende Amt die Zulassung seltener Ereignisse möglich.
Im Clara-Zetkin-Park ist die Zulassung von maximal 18 seltenen Ereignissen pro Kalenderjahr möglich und begründet sich in der historisch gewachsenen Struktur als Veranstaltungsstätte und der Nutzungen im öffentlichen Interesse.
Im Vergleich dazu ist der Bürgerpark Grüner Bogen inzwischen für das Paunsdorfer Stadtteilfest auch eine historisch gewachsene Veranstaltungsstätte. Zudem handelt es sich ebenfalls um ein seltenes Ereignis, bei dem an zwei Tagen im Kalenderjahr die reine Veranstaltungszeit mit Beschallung insgesamt nur 14 Stunden beträgt. Vor diesem Hintergrund ist es für den Jugend- und Altenhilfeverein und die Wohnungsbau-Genossenschaft Kontakt e.G. nicht nachvollziehbar, weshalb die Stadt Leipzig mit unverhältnismäßig hohen Auflagen der Naturschutzbehörde die naturschutzrechtlichen Belange über die Bürgerinteressen (soziale Teilhabe, Möglichkeit zur Begegnung, Vernetzung mit Akteuren im Stadtteil, interkultureller Austausch etc.) stellt.
Eine Wiese, die zwar Landschaftsschutzgebiet ist, aber gemeinhin zu Erholungs- und Freizeitzwecken für die Bürger von Paunsdorf entwickelt wurde und auf welcher seit vielen Jahren das Paunsdorfer Stadtteilfest veranstaltet wird, derart unter Naturschutz zu stellen, bewerten die Veranstalter als übertrieben.
Unter Einbeziehung der Anwohner und der im Wohnquartier aktiven Akteure hätte der Jugend- und Altenhilfeverein und die Wohnungsbau-Genossenschaft Kontakt e.G. gerne das Wohngebiet Paunsdorf mit einem bunten Stadtteilfest präsentiert und mit Informations- und Mitmach-Angeboten sowie einem kulturellen Bühnenprogramm einen Ort für Begegnung, Teilhabe und den gegenseitigen Austausch von Bewohnern und Initiativen im Stadtteil geboten.
In den vergangenen Tagen hat das Orga-Team des Paunsdorfer Stadtteilfest die mitwirkenden Akteure im Stadtteil, die Künstler und die beauftragten Firmen und Sponsoren über die Absage informiert und möchte sich an dieser Stelle für das entgegengebrachte Verständnis, die Bereitschaft mitunter auf vertraglich vereinbarte Entgelte zu verzichten sowie sich als Sponsor trotz Absage der Veranstaltung an den bereits angefallenen Veranstaltungskosten zu beteiligen von ganzem Herzen bedanken.
Orga-Team Paunsdorfer Stadtteilfest
Gemeinschaftsprojekt des Jugend- und Altenhilfeverein e.V. und der WBG Kontakt e.G.