Die ersten Eintragungen ins Tagebuch seiner hochbegabten Tochter Clara nahm Friedrich Wieck vor. Und schrieb auch gleich über sich selbst: „Mein Vater hatte ein Leihinstitut zu versehen und nebenbei einen kleinen Handel mit Pianoforten angefangen.“
In erster Linie aber war Wieck als Klavierpädagoge tätig, lebte und unterrichtete in den Jahren von 1818 bis 1821 im Haus Hohe Lilie am Neumarkt, wo 1819 Tochter Clara geboren wurde.
Friedrich Wieck, 1785 als Sohn eines Kaufmanns in Pretzsch an der Elbe geboren, studierte Theologie in Wittenberg und war anschließend als Hauslehrer bei Adelsfamilien in Thüringen tätig. Obwohl er nur über eine unsystematische musikalische Ausbildung verfügte, gab er seine Stellung auf, ließ sich 1818 als Inhaber einer Klavierfabrik und eines Musikalienleihinstituts in Leipzig nieder und führte seine Firma bis zur Übersiedlung nach Dresden 1840.
Die Ausbildung Claras zu einer bedeutenden Virtuosin machte der ehrgeizige Wieck zu seiner Lebensaufgabe – und ging diese Aufgabe mit der ihm eigenen Unnachgiebigkeit an. Er entwickelte für seine Tochter ein maßgeschneidertes Bildungsprogramm, das schon bald Ergebnisse zeigte. Stolz schrieb Wieck ins Tagebuch der inzwischen Achtjährigen: „1827 fing mein musikalischer Sinn an, sich immer mehr und schneller auszubilden. Mein Spiel wurde auch besser, mein Anschlag gut, fest und sicher, und die Kraft meiner Finger stieg so, dass ich bereits zwei Stunden hintereinander schwere Stücke mit ziemlicher Ausdauer spielen konnte …“
1830 zog Robert Schumann in Wiecks Wohnung in „Selliers Hof“ in der Grimmaischen Straße, um sich zum Pianisten ausbilden zu lassen. Als sich einige Jahre später Clara Wieck und Robert Schumann einander näherkamen, versuchte Wieck das um jeden Preis zu verhindern – der Vater betrachtete seine Tochter als eigenen Besitz, den er keinesfalls an Robert Schumann verlieren wollte. Letztlich führten diese Differenzen zum Bruch zwischen Vater und Tochter. Dennoch nahm Clara Schumann ihren Vater zeitlebens gegen harte Kritik in Schutz.
Wieck pflegte einen regen Austausch mit Leipziger Künstlerkollegen. Er war Mitglied des sogenannten Geselligkeitsvereins „Tunnel über der Pleiße“, in dem sich Oppositionelle aus Kunst und Wissenschaft versammelten. Hier traf er sich u. a. mit Karl Herloßsohn, Otto Wigand, Anton Philipp Reclam, Albert Lortzing und Heinrich Marschner.
Friedrich Wieck, der heute als einer der bedeutendsten Musikpädagogen zu Beginn des 19. Jahrhunderts gilt, starb am 5. Oktober vor 150 Jahren in Loschwitz.
Friedrich Wieck, „wie er eine Stunde gibt“. Zeichnung einer Schülerin.
Dagmar Schäfer, Abb.: Archiv der Autorin