Greifen die Vögel manchmal Menschen an?
Immer wieder gibt es im Frühjahr Meldungen über Angriffe von Krähen auf ahnungslose Passanten. Warum verhalten sich die Tiere so? NABU Leipzig dazu:
Wenn Vogeljunge ihre Nester verlassen, werden sie noch eine Zeit lang auch außerhalb des Nests von ihren Eltern versorgt und beschützt. Auch junge Rabenkrähen werden bei ihren ersten Schritten und Flügelschlägen noch von den Altvögeln betreut. Wenn sie Passanten als Bedrohung für die Jungvögel wahrnehmen, kann es zu Scheinangriffen kommen. Das sorgt in jedem Jahr für einige Aufregung, regelmäßig fühlen sich Menschen an Gruselfilme erinnert und befürchten, von den Vögeln ernsthaft verletzt zu werden. Von „aggressiven Krähen“ ist dann oft die Rede, wenn die „Rabeneltern“ doch in Wahrheit nur ihre Jungen oder ihre Nester beschützen wollen. Dieses Verhalten zeigen allerdings viele Singvögel, Angriffsflüge einer ausgewachsenen Krähe nimmt man jedoch anders wahr als ähnliche Aktionen von Spatz oder Rotschwanz.
Nach dem Nestbau legen die Krähen Eier, aus denen nach rund 20 Tagen die Jungvögel schlüpfen. Erst nach einem weiteren Monat verlassen die jungen Krähen das Nest, sodass ihre sogenannte Ästlingsphase beginnt. Als Ästlinge werden Jungvögel bezeichnet, die nach ihrer Aufzucht das Nest verlassen haben und noch unsicher ihre ersten Kletter- und Flugversuche unternehmen. Im Nest ist kein Platz, um das Fliegen zu lernen, es ist bei jungen Rabenkrähen ganz normal, dass sie etwa eine Woche am Boden leben und erst nach einigen Tagen Flugübungen in der Lage sind, sicher Äste auf Bäumen anzusteuern, wo sie auch sicher vor Fressfeinden sind. Dabei stehen sie jedoch in Rufkontakt mit ihren Eltern und werden weiterhin gefüttert.
Nähern sich Menschen den Jungkrähen, kann es passieren, dass dies ein Altvogel als Bedrohung seines Nachwuchses sieht und Angriffsflüge startet, um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, seinen Nachwuchs zu verteidigen und ihm die Flucht zu ermöglichen.
Das Verhalten der Kräheneltern ist keine ernsthafte Bedrohung für Menschen. Man sollte wenn möglich einen Umweg in Kauf nehmen und zu Jungvögeln und Nistplätzen Abstand halten. Das Phänomen beschränkt sich auf wenige Wochen im Jahr, sodass man als Mensch in der Regel den Konflikten leicht aus dem Weg gehen kann. Keinesfalls sollte man gegen die Krähen vorgehen. Die Vögel und ihre Nester sind gesetzlich geschützt.
Jungvögel sind nur scheinbar verwaist
Zwischen Mai und Juni häufen sich die Meldungen scheinbar verwaister Jungvögel. Tierliebe Menschen greifen oft voreilig ein, nehmen die Vogelkinder mit nach Hause und probieren, diese selbst aufzuziehen. Das hat fatale Folgen: Die jungen Krähen werden durch ihr ausgeprägtes Sozialverhalten sehr zutraulich. Die meisten Menschen sind dann mit der anspruchsvollen Aufgabe überfordert und wenden sich hilfesuchend an die Wildvogelhilfe Leipzig, mit der Bitte, die Krähe abzuholen. Auf Menschen geprägte Rabenkrähen lassen sich aber nur schwer wieder auswildern. Eine lange Sozialisierung mit Artgenossen ist nötig. Aus diesem Grund sollten hilflos erscheinende Jungvögel am Boden zunächst aus einiger Entfernung beobachtet werden. Erst wenn sich über einen längeren Zeitraum (durchaus zwei bis drei Stunden) offenbar kein Altvogel mehr für den Nachwuchs interessiert, sollten Experten benachrichtigt werden, beispielsweise die Wildvogelhilfe des NABU Leipzig.
Naturzerstörung verstärkt die Probleme
Durch immer neue Bauprojekte und fortschreitende Flächenversiegelung geht die Stadtnatur Stück für Stück verloren – Leipzig schrumpft. Die Menschen verlieren das grüne Wohnumfeld und die Tiere ihre Lebensräume. Deshalb nutzen Rabenkrähen für ihre Bruten immer öfter Straßenbäume. Infolgedessen landen die Jungvögel beim ersten Ausflug leider nicht in einem geeigneten Lebensraum, sondern auf Straßen, Rad- und Fußwegen. Hier sind die Jungvögel besonders gefährdet und ein schnelles Eingreifen kann Leben retten. Man kann die Jungtiere von der gefährlichen Stelle an einen anderen Ort umsetzen. Hierbei ist aber unbedingt darauf zu achten, dass das Jungtier immer in Sichtweite der Altvögel gesetzt werden muss. Wenn möglich, setzt man es etwas erhöht, sodass der Jungvogel für Hunde und Katzen unerreichbar ist. Um die Altvögel für den Moment des sicheren Umsetzens abzulenken, kann eine zweite Person hilfreich sein.
NABU – Naturschutzbund Deutschland
Regionalverband Leipzig e.V.
Corinthstraße 14 | 04157 Leipzig
Telefon: 0341 6 88 44 77
www.NABU-Leipzig.de
Krähenästling in der Wildvogelhilfe des NABU Leipzig.
Foto: NABU Leipzig