Erweiterungsbau der Apollonia-von-Wiedebach-Schule brüskiert Nachbarn
Dass sich Rolf Schumann Demokratie, Transparenz und Bürgerbeteiligung wünscht, ist kaum verwunderlich. Ist er doch Geschäftsführer im Haus der Demokratie Leipzig (HdDL). Wenn Schumann aus seinem Bürofenster blickt, fällt sein Blick über den Schulhof auf die Apollonia-von-Wiedebach-Schule. Von diesem Schulhof und dem Ausblick soll bald nicht mehr viel übrig sein. Sogar die Photovoltaikanlage auf dem Dach des HdDL könnte bald unverhofft Schatten abbekommen. Grund dafür ist ein geplanter und von OBM Jung im Eilverfahren durchgewunkener Schulanbau. Dieser soll parallel zur Sanierung des Bestandsgebäudes von Sommer 2020 bis Mitte 2022 hochgezogen werden und den jetzigen Schulhof mit Anfahrts- und Rettungswegen auf ein schmales Drittel reduzieren.
„Knackpunkt ist, dass der klobige Bau zwischen zwei historischen Baudenkmälern erfolgen soll und seine gewaltigen Abmessungen“, so Schumann. Für die 20 x 20 x 20 Meter Glas und Beton wurde jedoch bereits am 24. Februar begonnen, hundertjährige Laubbäume zu fällen. Seines Wissens nach wurde die Teilbaugenehmigung dafür erst am 26. Februar erteilt. Die Information als Nachbar hatte Schumann dann am 4. März im Briefkasten. Da waren die 13 Linden und Ahorne bereits Kleinholz und die diesjährige Baumfällsaison beendet. „Das Eilverfahren ohne Information oder Beteiligung der Nachbarn ist ein richtiger Affront gegenüber uns und unseren Mietern“, zürnt Schumann.
Was sagt die Sächsische Bauordnung?
In Paragraf 70, Absatz 1 heißt es: „Die Bauaufsichtsbehörde muss die Eigentümer benachbarter Grundstücke… benachrichtigen, wenn zu erwarten ist, dass öffentlich-rechtlich geschützte nachbarliche Belange berührt werden.“ Das HdDL hat dementsprechend Widerspruch eingelegt. Je nach Entscheidung, ihrer Begründung und Erfolgschancen könnte der Klageweg eingeschlagen und vor allem einstweiliger Rechtsschutz angestrebt werden.
Simon Schuster ist Fachmann für Baurecht. Seine Kanzlei hat ihren Sitz ebenfalls im HdDL. Und auch er spricht von einer Bauplanung ohne Rücksichtnahme und mit erdrückender Wirkung, die sich trotz knapp eingehaltener Abstandsfläche nicht in das 120 Jahre alte Bauensemble einfügt.
Die Apollonia-von-Wiedebach-Schule war 1897/98 nach Entwürfen von Hugo Licht als XIV. Bürgerschule erbaut worden. Das heutige HdDL folgte drei Jahre später als seinerzeit Städtisches Waisenhaus. Dazu das Kinderheim und dazwischen eine offene und begrünte Spielfläche. Der gemeinsame Bezug werde zerstört und der Mehrwert der Baudenkmäler zwischen Scheffel- und Arno-Nitzsche-Straße gemindert, so Schuster.
„Man braucht den Zwang des Rechts“, urteilt der Rechtsanwalt. Er verweist auf den hohen politischen Druck, die städtischen Schulkapazitäten zu erweitern und dafür unter Umständen vom objektiven Vorgehen abzuweichen. Die Planungen für den Schulanbau hätten sich seit dem 2017 beschlossenen Schulbauerweiterungsprogramm verändert, erweitert und räumlich verschoben. Aber Öffentlichkeit und Nachbarschaft wurden zu keinem Zeitpunkt mit einbezogen, klagen Schumann und Schuster. Das HdDL wolle keinesfalls nur verhindern, sondern auf schonende Alternativen zur aktuell geplanten Ausführung hinweisen.
Text | Foto: Frank Willberg
Blick vom Haus der Demokratie auf die Apollonia-von-Wiedebach-Schule.